Jungbürgerversammlung Karlsfeld
„Karlsfeld ist halt tot“
Bei der ersten Jungbürgerversammlung kritisieren Jugendliche den Marihuana-Konsum auf einem Karlsfelder Spielplatz, wünschen sich mehr Straßenlampen und wieder einen Skatepark. Er wurde vor einigen Jahren stillgelegt.
Was sich die Karlsfelder Jugendlichen am Montagabend im Bürgerhaus wünschen, erscheint auf den ersten Blick eher altersuntypisch: Bei der ersten Jungbürgerversammlung bemängeln sie etwa den Drogenkonsum auf einem Karlsfelder Spielplatz und drängen auf eine bessere Straßenbeleuchtung in der Gemeinde. Doch vor allem ein Wunsch, der dem Alter der Zwölf- bis 21-Jährigen dann schon eher entspricht, ist ziemlich dringlich: Sie wünschen sich wieder einen Skatepark in der Nähe des Karlsfelder Sees, bis 2016 gab es dort bereits eine Anlage. Doch als sie marode war, wurde sie aus Kostengründen nicht saniert – sondern von der Gemeinde geschlossen. Das kritisierte die 16-jährige Mimoza Bajram bei der Diskussion mit Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) scharf. Schließlich sei den Jugendlichen in den vergangenen Jahren immer wieder ein Skatepark versprochen worden, sagte die Schülersprecherin der Mittelschule Karlsfeld. Und überhaupt fehle es an Treffpunkten: „Karlsfeld ist halt tot“, sagte Mimoza Bajram, für Jugendliche gebe es kaum Orte, wo sie sich treffen oder zurückziehen könnten.
Dieses Problem hat sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt: Jugendliche treffen sich deshalb in der Neuen Mitte, doch dann beschweren sich Anwohner immer wieder über Lärm und Verschmutzungen. Auf Drängen des Karlsfelder Jugendrates hat die Gemeinde deshalb im Sommer einen spartanischen Pavillon – einen Unterstand mit Sitzbank – zwischen Hallenbad und Karlsfelder See gebaut. Aber für die 19-jährige Jugendrätin Emily Truetsch reicht das nicht: „Wir hoffen auf mehr Plätze für die Jugend, da gibt es fast nichts in Karlsfeld“, sagte sie im Bürgerhaus. Mittlerweile ist auch das Jugendhaus am See samstags geschlossen, weil sich einfach kein pädagogisches Personal dafür findet, sagt Betreuer Andreas Pröschel.
Hinter Emily Truetsch, die Jugendrätin und Metzgereifachverkäuferin ist, stand eine der sechs Pinnwände im Saal. Darauf klebten Jugendlichen zum Beispiel ihre Wünsche zum Karlsfelder See, anschließend wurde mit Bürgermeister Kolbe darüber diskutiert. Weitere Pinnwände gab es zu den Themen „Öffentliche Plätze“, „Jugendhaus“, „Infrastruktur/Mobilität“, „kulturelle Angebote“ und „Sportplätze“ – die Forderung nach einem Skatepark war dort sogar mehrmals zu lesen. Wie groß der Wunsch danach ist, erklärte auch der neunjährige Florian. An seiner Grundschule an der Krenmoosstraße hat er mit zwei Mitschülern sogar eine Umfrage darüber gestartet, das Ergebnis: „313 haben für den Skatepark gestimmt, nur 116 dagegen“, berichtete er den rund 40 Jugendlichen, die ins Bürgerhaus gekommen waren. Eingeladen waren rund 1900 Jugendliche im Alter von zwölf bis 21 Jahren.
In Bahnhofnähe sei es „voll creepy“, weil Straßenlampen fehlen
Der Skatepark ist ein Thema, das immer wieder unter ihnen diskutiert wird. Bereits vor rund drei Jahren hatten zwei elfjährige Buben, Noah und Robin aus Karlsfeld, 240 Unterschriften von Jugendlichen und Eltern für eine Skateranlage gesammelt. Außerdem hatten die Elfjährigen Angebot und Entwurf für einen neuen Skaterpark bei einer Firma eingeholt. Doch wegen der prekären Haushaltslage in Karlsfeld lehnten die Gemeinderäte den Vorschlag damals ab. Bei der Jungbürgerversammlung gab Kolbe erneut zu bedenken: „Die Anlage würde uns einen sechsstelligen Betrag kosten, das tut uns in diesen Zeiten natürlich weh.“ Deshalb machte Streetworkerin Charide Christin von der aufsuchenden Jugendarbeit Karlsfeld einen Alternativvorschlag. Sie habe von mobilen Skateanlagen gehört, also Halfpipes und Rampen, die bei Bedarf aufgestellt werden können, zum Beispiel auf dem ehemaligen Skateplatz am Karlsfelder See. In Richtung des Jugendrates, der die Veranstaltung moderierte, sagte sie: „Wenn ihr wirklich Bock darauf habt, müsst ihr halt einen Antrag an den Gemeinderat stellen.“ Der Jugendrat wurde vor rund eineinhalb Jahren gewählt und besteht aus zwölf Mitgliedern, sie können ihre Ideen auch im Gemeinderat einbringen.
Bei der Diskussion mit Bürgermeister Kolbe machten einige Jugendliche auch deutlich, dass sie sich in einigen Ecken Karlsfelds unsicher fühlten und sich eine bessere Straßenbeleuchtung wünschten. Die 19-jährige Lawa Alba Valdes schilderte etwa, dass es „voll creepy“, also ziemlich unheimlich sei, wenn sie von der S-Bahn-Station in Karlsfeld heimlaufe oder abends am Karlsfelder See spazieren gehe. Wenn dort mehr Straßenlampen stünden, würde sie sich wohler fühlen. Eine weitere Jugendliche stimmte ihr zu und monierte auch die schlechte Beleuchtung in der Ackerstraße und im Kastanienweg. Kolbe sagte, dass er sich darum kümmern wolle, doch Gas, Öl und Strom gerade knapp seien. Die 15-jährige Jugendrätin Marie Wiesenberger ließ dies nicht gelten: „Wir bitten Sie, dass es hier eine Aufarbeitung gibt – trotz der Energiekrise.“
„Ich finde es schlimm, wenn eine Elfjährige weiß, wie Drogen riechen.“
In den dunkleren Ecken Karlsfelds, konkret am Spielplatz in der Nähe der Lessingstraße, würden auch Drogen konsumiert, kritisierten drei junge Versammlungsteilnehmer. Unter anderem berichtete Mimoza Bajram davon, die in der Nähe des Spielplatzes wohnt: „Meine Schwester hat das gesehen und mir erzählt, wie das gerochen hat. Ich finde es schlimm, wenn eine Elfjährige weiß, wie Drogen riechen.“ Auch der zwölfjährige Schamon beobachte dort immer wieder Leute, die dort wohl Marihuana rauchen, und forderte: „Man sollte das nicht machen, weil es brutal stinkt und vor allem sollte man es nicht vor Kindern machen.“ Kolbe wies daraufhin, dass der in die Jahre gekommene Spielplatz einer Eigentümergemeinschaft im Wohngebiet gehöre. Darüber hinaus sei die Polizei sowohl in Uniform als auch zivil in Karlsfeld unterwegs; aktuell suche man nach Freiwilligen für eine Karlsfelder Sicherheitswacht, die die Polizei unterstützt. Kolbe versicherte, dass er die Anliegen der Jugendlichen im Gemeinderat besprechen wolle.
Mitglied im Jugendrat ist auch der 15-jährige Lorenz Stabl, der das Ignaz-Taschner-Gymnasium in Dachau besucht. Er erklärte, dass sich die Räte für Bücherzellen in Karlsfeld einsetzen sollen, darüber hinaus wünsche er sich Wlan für den Jugend-Pavillon und dass Fußballplätze in Karlsfeld für die Öffentlichkeit zugänglich werden. Ein weiterer Wunsch sind „mehr Jugendtreffs in Karlsfeld, wo Gespräche mit uns, aber auch Spiele stattfinden können“, forderte Stabl. Kolbe sagte dazu, dass er bereit sei, über Bänke und Treffpunkte für die Jugend zu diskutieren. Schließlich kennt der 58-Jährige das Problem aus seiner eigenen Jugend, wie er sagt, damals war er mit einer rund 40-köpfigen Clique in Karlsfeld unterwegs, unter anderem mit Mopeds: „Und wir waren nirgendwo gerne gesehen.“ Den Jugendlichen von heute, die sich notgedrungen etwa in der Neuen Mitte treffen, geht es wohl genauso.